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Klaus Wolschner

Medienpraxis

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Kommunikation ist ein Machtinstrument. Die Frage ist: Wer hat die Macht? Der einzelne Journalist? Sicherlich manchmal. Schon früh haben Medienwissenschaftler untersucht, wer Nachrichten produziert und wer sie warum aufnimmt.

Aber die Medienwirklichkeit besteht nicht aus vielen Einzelnen, die unabhängig voneinander wirken könnten, sondern bildet ein System. Eine der äußeren Dominanten dieses Systems ist die Ökonomie. Wer Geld ausgibt für Medien(-arbeit), will damit etwas erreichen - Propaganda oder return of invest”. Medien dienen der Werbung oder als Ware. Nachrichten (und Unterhaltung, die uns hier weniger beschäftigt) sind Handelsgüter. Wer die Geschichte der Reformen von elektronischen oder Print-Medien untersucht, stellt fest: Da geht es um Marktanteile und Reichweiten, um Positionierung gegenüber der Konkurrenz. Technische Neuerungen wurden vielleicht von Tüftlern ersonnen, setzten sich aber gesellschaftlich durch, wenn Macht- und Geldinteressen sich ihrer bedienten.

Ist die Wahrheit, der Medienarbeiter verpflichtet sein sollen, mehr als eine Floskel, die andere Interessen verdecken soll? Wahrheit gibt es immer nur im Kontext. Im Kontext einer Religion ist etwas anderes Wahrheit als im Kontext einer Demokratie, in der Regierungspartei und Opposition um die Wahrheit ringen. Informationen werden zudem, das sagen und Psychologen und Neurobiologen, im Gehirn so lange verarbeitet, bis sie in den Kontext der dort schon vorhandenen inneren Wahrnehmungs-Bilder passen. Kommunikativ stimmen Menschen ihre Vorstellung von Wahrheit ab. Menschen, die ganz andere Wahrheitsbilder haben, werden als Spinner oder Kranke, als Fremde” kommunikativ ausgesondert und im Extremfall als Feinde” bekämpft.

Das sind Fragen an die Medien- und Kommunikationstheorie, die sich ohne Beschäftigung mit der Mediengeschichte nicht plausibel beantworten lassen. Denn wie Vorstellung von Realität” heute über Medien in den Köpfen der modernen Menschen entsteht oder „inszeniert“ wird, wird erst deutlich, wenn wir andere und frühere historischen Epochen der Mediengeschichte damit vergleichen.

Das gilt auch für die Geschichte des Verhältnisses von Medien und Politik.

Kommunikationstheorie und Medienwissenschaft beschreiben also den Horizont, in dem sich eine journalistisch handelnde Person bewegt.