Klaus Wolschner  Texte zur Geschichte und Theorie von Medien & Gesellschaft

Über den Autor

www.medien-gesellschaft.de


III
Medien
-Theorie

Cover WI

Neue Medien,
neue Techniken des Selbst:
 Unser digitales Wir-Ich

ISBN: 978-3-754968-81-9

Cover VR

Über die Mediengeschichte der Schriftkultur und ihre
Bedeutung für die
menschliche
Wirklichkeits-Konstruktion
im  Jahrhundert
des Auges:
Virtuelle Realität
der Schrift

ISBN 978-3-7375-8922-2

COVER AS

Wie wir wahrnehmen,
was wir sehen:

Augensinn und
 Bild-Magie

ISBN 978-3-7418-5475-0

Cover GG

Über religiöse Körpergefühle und die kommunikative Kraft
der großen Götter von Christentum, Islam und Moderne:
Wie Glaubensgefühle
Geschichte machen

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Cover POP2

Über traditionelle
Herrschafts-Kommunikation
und neue Formen der
Medien-Demokratie:
Wenn der Pöbel
online kommt

ISBN: 978-3-756511-58-7

 

 

 

Medien der Zeit – Prothesen des Geistes

Die Zeitbestimmungen sind symbolische Orientierungsmittel für menschliche Gemeinschaften. Kommunikation über „Zeit“ ordnet das Profane und das Heilige - Zeit-Fragen sind Macht-Fragen

1-2015

Redeweisen sind manchmal verwirrend. Wir „haben Zeit“ – als ob das ein Ding wäre, das man wie einen Stuhl „haben“ kann. Zeit „fließt” wie Wasser, „steht still”, ist „vergangen“ oder „läuft weg“ – als könnten wir sie uns nur als etwas Räumliches vorstellen. Der Sprach-Philosoph Ludwig Wittgenstein erklärte, es sei vor allem „der Gebrauch des Substantivs Zeit, der uns hinters Licht führt”, weil er sie als Gegenstand fasst. Norbert Elias verwendete daher gern das Wort „Zeitbestimmung“, das Zeit als Handlung kenntlich macht. Berliner-Goldhut


Der „Berliner Goldhut“, rund 3.000 Jahre alt,
ist ein Schmuck-Sinnbild aus der Bronzezeit.
Vermutlich wurden solche „Hüte“ von Priestern des Sonnenkultes
in der späten Bronzezeit als kultisches Heiligtum verwendet.
Die Ornamente hatten vermutlich eine astronomische
und astrologische Kalenderfunktion.
Der Berliner Goldhut wurde  1996 vom Berliner Museum
für Vor- und Frühgeschichte gekauft –
vermutlich war er lange zuvor im Süden Deutschlands gefunden worden.

 

Es gibt kein Sinnesorgan, das die Gegenwart von der Vergangenheit und der Zukunft trennt, aber es gibt ein menschliches Zeitempfinden. Dieses Zeitgefühl ändert sich im Verhältnis zu der Umgebung (Licht), die „innere Uhr“ geht auch je nach den Lebensumständen unterschiedlich. Schichtarbeiter haben meist Rhythmusprobleme und Schlafstörungen. Mit der Zeitumstellung haben vor allem die Nachtmenschen („Eulen“) große Probleme – ihre innere Uhr passt sich nur schwer an die künstliche Sommerzeit an. Es gibt ein augenblickliches Zeitempfinden, das im Körpergefühl verankert ist, und eine Zeitwahrnehmung der Erinnerung, die von der Erlebnisdichte abhängt. Im Wartezimmer dehnt sich die Zeit, sie vergeht sehr langsam, in der Erinnerung wird sie gestaucht, wir empfinden wir die Warte-Zeit als deutlich kürzer.

Zeit-Takte im Gehirn: drei Sekunden, 30 Millisekunden

Dass die Zeit für unser Zeitgefühl kontinuierlich „fließt“, ist eine mentale Konstruktion - unser Bewusstsein macht aus der gehirnphysiologischen Zeit-Wahrnehmung, die sich in Drei-Sekunden-Einheiten abspielt, ein Kontinuum. Auf den Münchner Hirnforscher Ernst Pöppel geht diese Erkenntnis zurück: Das Gehirn frage sich ungefähr alle drei Sekunden: Was gibt es Neues in der Welt? Pöppel spricht von „Wahrnehmungsgestalten", die die Dauer von etwa drei Sekunden haben. Dieser 3-Sekunden-Rhythmus der Wahrnehmung zeigt sich in verschiedenen Verhaltensweisenf: Das Händeschütteln oder wütendes Stampfen dauert weltweit und kultur-unabhängig meist rund drei Sekunden, einprägsame musikalische Motive dürfen diese Länge nicht überschreiten. Auch die Aufmerksamkeit richtet sich nach diesem biologischen Zeitrahmen: Was innerhalb dieses Drei-Sekunden- liegt, fasst das Bewusstsein als eine „Wahrnehmungsgestalt“ zusammen. Danach beginnt der nächste Wahrnehmungs-Block, das „danach“. Sogar das Kurzzeitgedächtnis funktioniert nach diesem 3-Sekunden-Fenster:  Das Kurzgedächtnis kann Eindrücke ungefähr drei Sekunden speichern, bevor die Informationen entweder weiterverarbeitet werden oder überschrieben werden und entschwinden. Sprechen, Hören, Erinnerungen und auch Bewegungen vorauszuplanen – alles unterliegt dem Drei-Sekunden-Zeittakt. Die Spaltenbreite im Layout macht eine Zeitung gut lesbar, wenn sie in dieser Einheit vom Auge überblickt werden kann. Pöppel: „Die Zeit fließt nicht“, Zeit ruckelt sich rhythmisch in diesem Takt vorwärts. Dieses Drei-Sekunden-Fenster ist Grundlage unseres „Jetztgefühls“.

Das Gehirn aktualisiert die Veränderung der Sinneseindrücke auch nicht kontinuierlich, sondern im Takt von wenigen Millisekunden. Damit akustische Signale von Menschen als getrennte zwei Sinnesreize wahrgenommen werden können, müssen sie einen Mindestabstand von zwei bis drei Millisekunden haben. Der akustische Mindestabstand ist entscheidend für die Decodierung von Sprachlauten, um etwa das „d" vom „t" unterscheiden zu können. Für den Tastsinn sind rund 10 Millisekunden Abstand nötig und bei Bildern sogar 20 bis 30 Millisekunden.
Die hirnelektrischen Aktivitäten nach Sinnesreizungen lösen Nervenimpulse aus, deren Intervall im Bereich von 30 Millisekunden liegt. Unter Vollnarkose werden diese Impulse nicht ausgelöst - Patienten, die aus nach einer Operation aufwachen, haben das Gefühl, dass überhaupt keine Zeit vergangen sei. In bestimmten Schlaf-Phasen läuft der innere Taktgeber im Gehirn offenbar weiter – nach dem Aufwachen aus einem Schlaf gibt es ein diffuses Gefühl für die vergangene Zeit. „Koma-Schlaf“ heißen Schlafphasen, in denen das Zeitgefühl offenbar ausgeschaltet ist.
Wie das Gehirn die Wahrnehmungen in der Zeit dehnen kann, zeigt die Erfahrung von Menschen, die sich auf ballistische Bewegungen konzentrieren müssen – etwa Tennis-Spieler – und denen die Zeit, in der sie die Flugbahn des Balles beobachten, subjektiv länger vorkommt. Die intensive Verarbeitung der Sehreise wird als Dehnung der Zeit wahrgenommen. Offenbar greift die neuronale Verarbeitung von Reizen auch in einem frühen Stadium auf „Erinnerungen“ früherer Reiz-Verarbeitung zurück – und löst spontane Reaktionen aus, etwa nach intensivem Training beim Tennis.
Verschiedene Lebewesen nehmen ihre Umwelt je nach ihrem Zeittakt unterschiedlich wahr. Johann von Uexküll beschrieb schon 1934, dass Kampffische schnelle Veränderungen ihrer Umwelt als diskrete Bewegungen wahrnehmen – und fressbare Fischlein vermuten, wo Menschen vor lauter „Rauschen“ nichts erkennen würden. Schnecken dagegen betrachten Stöckchen als stabil und unbewegt, bei denen Menschen sehr wohl Bewegungen wahrnehmen können. Die Fähigkeit des menschlichen Bewusstseins, einzelne Bilder wahrzunehmen, liegt bei einer Frequenz von 30 Millisekunden, alles, was schneller eingeblendet wird, fällt in Filmen daher unter die „Schleichwerbung“. Anders als die Schnecken und Kampffische haben Menschen eine unbewusste Wahrnehmung. Auch Bilder, die nur 10 Millisekunden lang gezeigt werden, werden in den niedrigen Arealen des Cortex schon einfache Merkmale wie Helligkeitskontraste, Kanten, Farben und Bewegungen extrahiert. Neu erscheinende visuelle Reize können innerhalb von 100 Millisekunden eine direkte Aktivitätswelle zu motorischen Arealen hin auslösen. Das ist das Geheimnis des Trainings bei Sportarten, bei denen es auf Schnelligkeit ankommt. Das menschliche Gehirn registriert pro Sekunde bis zu „15.000.000 Bits“ -  unbewusst. Dazu zählen akustische und visuelle Sinneseindrücke wie Gerüche,  Geschmacks- und Berührungsreize. Verarbeitet und bewusst wahrgenommen werden davon nur rund „60 Bits“. Die Frage, bei welcher Frequenz bei Schnecken die Schleichwerbung anfangen würde, stellt sich nicht – Schnecken haben keine zweite, langsamere und bewusste Wahrnehmungsstufe.

Kulturelle Muster des Zeit-Empfindens

Der Kultursoziologe Noebert Elias unterscheidet zwei „Typen“ der Zeitbestimmung: die Menschen-zentrierte Zeit und die Technik-zentrierte Zeitbestimmung. Wo Mensch und Natur das Maß der Zeitbestimmung sind, dominieren zyklische Zeitbegriffe. Tag und Nacht, Erntezeiten und karge Zeiten wechseln sich ab, ohne Anfang und Ende - wie ein Kreis. Der Menschliche Zeithorizont beginnt mit Geburt und Wachstum und endet mit Niedergang und Tod. Größere Zeit-Bestimmungen wurden in archaischen Zeiten nach Generationen bemessen – nach königlichen Dynastien oder schlicht nach Vätern und Großvätern. Jahreszahlen waren nicht üblich. Der Evangelist Lucas bestimmt die Geburtszeit Jesu so mit der Angabe, dass „Quirinius Statthalter in Syrien“ gewesen sei – nähere Angaben waren nicht erforderlich. Ein genaues Geburtsjahr oder gar einen Tag kannte der Evangelist nicht. Der Evangelist Matthäus berichtet, dass in der Zeit des Herodes geboren worden sei. Dass diese beiden Zeiträume sich nicht überschnitten – Herodes starb vier Jahre „nach Christus“, Quirinius wurde erst sechs Jahre „nach Christus“ Statthalter, war schon rund 70 Jahre später nicht mehr im Gedächtnis der Evangelisten. Nur eine der beiden Angaben kann stimmen – jedenfalls nach unserer mathematisch-technischen Zeitbestimmung. Die Uhren wurden nach dem Vorbild der Mühlen erfunden.

Aber auch das moderne Zeitempfinden richtet sich nicht immer nach der Uhr – als „schnelle“ Städte werden große Ballungsräume in gemäßigten Klimazonen mit einigem Wohlstand empfunden. Arme Menschen vor allem in heißen ländlichen Regionen haben ein entschleunigtes, gedehntes Zeit-Empfinden - jedenfalls aus der Sicht der kalten, reichen, hektischen Großstädter.
Was Menschen (und auch Tiere) empfinden, sind zeitliche Beziehungen – früher oder später, vergangen oder gegenwärtig. Das Bewusstsein des Zeitempfindens ist kulturabhängig: In einfachen Kulturen gibt es die Unterscheidung von „Jetzt“ und „Nicht-Jetzt“. Tag und Nacht geben das Zeitmaß des menschlichen Lebens vor, in bestimmten Gegenden auch Ebbe und Flut. Der Sonnenstand prägt das Zeitmaß „Tag“, und wer sich an höheren Maßstäben für das Zeit-Empfinden orientieren will, guckt an den Sternenhimmel und bewundert die gleichförmigen Bewegungen der Gestirne. Die Zeitvorstellung bildet sich aus Entsprechungen und Analogien, das „Maß“ der Zeit ist der Natur entnommen. In Analogie zum Kreislauf der Natur und zum Lauf der Sterne beschreiben die archaischen Mythen die Zeit mit zyklischen Metaphern.

Gefühlte Zeitbestimmungen sind nicht abstrakt, sondern immer inhaltlich gefüllt. Die alten Griechen unterschieden zwischen Kairos, dem günstigen Zeitpunkt für eine Entscheidung, und der reinen Zeitbestimmung, Chronos. In den Geschichten und Erzählungen „aus alter Zeit“ werden Ereignisse aus verschiedenen Zeitperioden ohne Skrupel vermischt – die Botschaft der Geschichte ist wichtig, zeitliche Kohärenz nicht.
Zeit ist erfahrene Zeit, alles andere sprengt das Zeit-Bewusstsein. Ackerzeit ist im März oder April, Saatzeit im September oder Oktober. Das germanische „ar“ bedeutete  auch Ernte, „vor drei Ernten“ war vor drei Jahren. Genauer musste es nicht sein. Die geschichtliche Zeit wurde mit Generationen gemessen, sie konnte je nach Familien unterschiedlich sein. Die Geschichte der Königreiche war gegliedert durch Dynastien und Herrscher. Die  Brenndauer eines Spans, einer Kerze oder des Öls in einem Heiligenlämpchen konnte als Zeitmaß dienen, räumliche Entfernungen wurden ähnlich gemessen: Ein „Tagesmarsch“ etwa oder die  „Rast“ als Wegstrecke zwischen zwei Rasten. Nach streng muslimischer (walhabitischer) Lehre darf auch heute noch eine Frau sich nur so weit von ihrem Mann oder ihrem Haus entfernen, wie der Fußmarsch zurück vor Einbruch der Dunkelheit es erlaubt.  

Über die Frage, was Zeit „ist“, rätseln die Philosophen seit Jahrtausenden. Kirchenvater Augustinus bekannte, er wisse es nicht. Klar war für ihn nur, dass Gott die Zeit geschaffen haben muss. Die christliche Zeitordnung hat sich im späteren Mittelalters nur durchsetzen können, weil sie die agrarische Zeitvorstellung integrierte. Gegen die „heidnische“ Ordnung des Jahresbeginns am ersten Januars wehrten sich die Bischöfe – bis sie klein beigaben und auf die Idee kamen, die Beschneidung Jesu auf den ersten Januar zu legen. „Die Agrarzeit wurde auch eine liturgische Zeit“, fasst Aaron Gurjewitsch den Übergang zusammen.

Die abstraktere Idee einer gerichteten, linearen Zeit fand in der theologischen Diskussion ihre Ausdrucksform. Überlieferte Weisheiten von Zarathustra werden so interpretiert, auch die christliche Zeiterwartung unterstellt ein „Ende der Zeit“ und einen Anfang, an dem auch „die Zeit geschaffen” worden sein muss. Die großen Vorstellungen der den Menschenhorizont überschreitenden Zeitbestimmung wurden nach himmlischen Vorbildern gebildet, die Definition der Zeit war eine Machtfrage – die Berechnung des Kalenders gehörte zu den heiligen Funktionen im Staat. Denn die Kalender ordneten das heilige und das profane Leben. In ihren Kalendern stellen Kulturen ihr Bewusstsein von den ordnenden Prinzipien des Kosmos dar.

Die Glocken markierten die Zeitbestimmungen - als „Erntegeläut“, „Abendgeläut“, „Geläut der Feuerglocken“ oder „Geläut zum Viehaustrieb“, „Gebetsglocken“ oder „Ratsglocken“ oder etwa Glocken, die das Öffnen und Schließen der Stadttore anzeigten. Das englische „clock“ zeugt noch heute davon. Um 1300 berichtete ein Wanderer, der sich eines Festtags-Morgens Florenz näherte, von dem Geläute von mehr als 80 Glocken. Ein Bürger, der als Fremder in eine Stadt kam, wusste von Hause aus, „was die Glocke geschlagen hat“, wenn er „etwas läuten hörte“.

Medien für eine mechanische Zeit-Idee

„Mit der Räderuhr emanzipiert sich die Zeitmessung handgreiflich von den Elementen und der elementaren Anschauung der Zeit. Sie verrinnt nicht mehr, wie der Sand im Stundenglas verrinnt, sie fließt nicht mehr wie das Wasser in der Wasseruhr fließt, sie schmilzt nicht dahin wie das Wachs der brennenden Kerze schmilzt“ (Burckhardt). Die Mühlen symbolisieren die gleichförmige Bewegung, die die Astronomen und Astrologen im Himmels-Räderwerk beobachtet hatten – aber sie waren Menschenwerk. Nach dem Vorbild der Mühlen konstruierten die Handwerker die mechanische Uhr – auch die Zeit wurde so der Kunstfertigkeit der Menschen unterworfen. Die Räderuhren arbeiteten mit der Manipulation einer Naturkraft: Das Räderwerk dieser Uhren wurde von einem Gewicht angetrieben und gleich wieder gebremst, nur so entstand eine gleichmäßig fließende Zeit. Nach der alten aristotelischen Auffassung konnte sich nichts bewegen, wenn es nicht ständig einen Beweger gab, eine äußere Krafteinwirkung. Nikolaus Oresme, Mathematiker und Bischof von Lisieux, nutzte schon im 14. Jahrhundert diesen Mechanismus als Metapher für seine Idee vom Universum als einer riesigen Räderuhr, die von Gott geschaffen und damit in Gang gesetzt worden ist – deren Gesetzmäßigkeiten also ohne die Unterstellung weiterer Einwirkung verstanden werden könnten.  (1)
Mit der mechanischen Uhr erschient am Denkhorizont ein neuer Zeitsinn - die Konstruktion einer absoluten Zeit. Diese neue Zeit erschien als gedankliches Räderwerk. Die erlebte Wirklichkeit wird in das gedankliche Räderwerk eingefügt genauso wie die aus der Anschauung gewonnenen Maße von „Elle“, „Spann“ oder „Fuß“ durch linear konstruierte Zentimeter-Kategorien ersetzen werden. Wie eine Prothese sollte man die mechanische Uhr seit dem 16. Jahrhundert bei sich tragen können – sie wird zur „Uhr im Kopf“.

Franziskus von Assisi vereinte noch im 13. Jahrhundert in seinem „Sonnengesang“ die archaischen germanischen Gottheiten – allen voran die Sonne, aber auch den Mond und die Sterne, das Wetter und die Erde sowie das Feuer als „Brüder“ mit der christlichen Tradition, gleichzeitig war er fasziniert von der Idee eines perpetuum mobile, für die er in den Mühlen ein sichtbares Vorbild fand. Seit dem 11. Jahrhundert tauchen Jahreszählungen „anno domini“ in Chroniken auf, aber den einfachen Gläubigen war diese Jahreszahl „anno domini“ damals noch unbekannt. Erst mit Erfindung der mechanischen Räderuhr um 1300 begann die Verbreitung linearer Zeit-Vorstellungen außerhalb der Kloster-Mauern. Der Zeitstrahl begann langsam die gedanklichen Modelle der Periodizität zu verdrängen.

Die Zeit wird zu einer irdischen, säkularen Kategorie. Gott wird mit dem Uhrmacher-Bild ins Jenseits der Zeit katapultiert – er hat die Uhr in Gang gesetzt, danach ist er nicht mehr notwendig  im täglichen Leben. Das Bild vom kosmologischen Uhrmacher fasst nicht mehr nur die Zeit nach dem Modell des Räderwerks der Mühle, die gesamte Welt wird als berechenbar konstruiert gedacht. Mit der Mühle und der Uhr entwickelte das 12. Jahrhundert so ein Bild der Maschine, dass alte vertraute Zeichensysteme verdrängen Stück für Stück sollte.
In der 1352 errichteten Uhr am Straßburger Münster wurde dieser Zusammenhang augenfällig gestaltet: Sie ist ein multifunktionaler Automat, die Maschine als Beweger steuert nicht nur das Uhrwerk, sondern ein Modell der Himmelsbewegungen, ein Glockenspiel und dazu einen Figurenautomat mit einem Hahns, der mit den Flügeln schlägt und verräterisch kräht. Mit der Erfindung des Schlagwerkes trat die mechanische Uhr ins Bewusstsein der Zeitgenossen: Im 14. Jahrhundert wurden sichtbare Räderuhren an hohe Türme oder Rathäuser angebracht – für die Zeitgenossen eine große technische Sensation und aufregende Neuigkeit.  Die Stadtherren stellten mit der technologischen Sensation zugleich ihren Reichtum zur Schau – und ihre Macht. Die Räder-Uhren sind die „Medien“, an denen sich ein neues Zeit-Bewußtseins bilden konnte: Die Stadtbürger lernten die Stunden als „gleich lange Stunden“ zu hören und zu denken, die die Rhythmen der Natur überlagerten.
Die lineare Zeit wurde zur soziale Regulierungs-Zeit: Seit dem 16. Jahrhundert gibt es Zeitkontroll-Techniken für Gremien in den Städten, die Zünfte regulieren ihre Arbeitszeiten, es gab nach dem Räderwerk geregelte Marktzeiten und „Stundenpläne“ für die Schulen. Es gab dann auch zeitliche Befristungen der Folter. Minutenzeiger hatten die frühen mechanischen Uhren allerdings nicht. Die einfachen Menschen wussten weder, wie alt sie waren nicht in welchem „Jahrhundert“ sie lebten – der gregorianische Kalender wurde 1582 vom Papst eingeführt - da ging es um die Ordnung des Kirchenjahres, weniger um eine Alltags-Ordnung für das Leben der Menschen.

Das moderne Verständnis einer linear geradezu „tickenden“ Zeit ist so ein Produkt dieses späten Mittelalters – nach dem Vorbild der Mühlentechnik wurden neue Instrumente zur Messung und Darstellung der Zeit gefertigt, die dem Zeitempfinden einen neuen Stempel aufdrückten.  Bis das moderne lineare Zeit-Gefühl sich durchgesetzt hatte, dauerte es Jahrhunderte. „Zeit ist Geld“ galt im 16. Jahrhundert zunächst nur für die Geldverleiher.

Rechnerische Zeitbestimmungen - Kalender-Konstruktionen

Die mechanische Uhr funktionierte noch nach einem zyklischen Prinzip, sie machte keine größeren Zeiträume vorstellbar. Dies leisteten die seit dem 16. Jahrhundert immer populärer werdenden Kalender. Sie führten erstmals einer breiten Bevölkerung die lineare Zeit eines Jahres vor Augen. Der Kalender war ein Artefakt und nicht eine Repräsentationen von natürlichen Vorgängen. Die Kalenderblätter teilten das Kirchenjahr für den Menschen ein – sie enthielten die Daten der Feste und Namenstage, dazu astronomische, medizinische und meteorologische Informationen. (zum Volkskalender siehe M-G-Link)

Im Zweistromland von Euphrat und Tigris, dem Gebiet des heutigen Irak, ist in der späten Urukzeit, also vor rund 5.000 Jahren die erste Hochkultur entstanden, die aus dem Lauf von Mond und Sonne ein kalendarisch gegliederte Jahr ableitete. Der Mond war Hauptgott der Sumerer. Seine Umläufe wurden daher genau beobachtet. Diese Präferenz für den Mond ist in verschiedenen äquatornahen Kulturen zu beobachten, offenbar in solchen Gegenden, in der nicht ein unterschiedlicher Sonnenstand verantwortlich ist für Trockenheit, Dürre und jährliche Hunger-Zeiten. Auch in früheren Kulturen Chinas, Mexikos und Perus der war der Mond der oberste Gott und gleichzeitig der entscheidende Zeitmacher.

Himmelsscheibe-von-Nebra

 

Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Metallplatte aus der Bronzezeit -
rund 2.000 Jahre v.u.Z. - mit Goldapplikationen.
Sie stellt offenbar astronomische Phänomene und Symbole religiöser Themenkreise dar.
und gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung

 
Auf die zwölf Mondzyklen des Sonnenjahres geht die Einteilung des Jahres in zwölf Monate zurück. Die zwölf war den Babyloniern heilig – sie teilten auch den Tag in zwölf Stunden. Die Chaldäer stellten das Jahr als Kreis dar und übertrugen die Gliederung des Jahres in rund 360 Tage auf die Teilung des Kreises in 360 Teile. Da diese Einteilungen nicht ganz aufgehen, wurden Resttage als 13. Monat eingeführt. Es ist ein Brief aus der Zeit um etwa 1700 v.u.Z. überliefert, der berichtet, dass der babylonische König Hamurabi den Einschub eines kurzen Zusatzmonats für den Fall befahl, dass  bemerkt werde, „dass dem Jahr ein Mangel anhaftet“.

Als die Babylonier um 2.000 v.u.Z. die Sumerer verdrängt hatten, wurde die Sonne zum Hauptgott, die aus der Mond-Kultur entwickelte Zählweisen blieben aber im Wesentlichen. Die babylonischen Gelehrten teilten eine Stunde in fünf Mal zwölf, also 60 Minuten. Die ersten schriftlichen Hinweise auf eine Unterteilung der Minute in 60 Sekunden finden sich erst Jahrhunderte danach in spätrömischer Zeit. Weder Minuten noch Sekunden hatten irgendeine Bedeutung im alltäglichen Leben. Es gab ein Wort, das einen kurzen Moment von unbestimmter Dauer bezeichnete - im Ägyptischen „at“.

Die Babylonier trennten sich vom „Mondjahr” – gegen den Widerstand der Anhänger des 13monatigen Mondjahres, die darauf beharrten, „ihren“ Mond als Gottheit zu verehren. Die Frage Sonnen- oder Mond-Kalender stellte sich also auch als Konkurrenz: Welcher Gott erwies sich als stärker, Sonne oder Mond? Für die siegreichen Anhänger des Sonnenkultes wurde die Zahl 13 zur Zahl der Abtrünnigen, der Ungläubigen – zur Unglückszahl.
Nach dem ägyptischen Sonnenkalender begann das Jahr mit dem Einsetzen des Nil-Hochwassers. Die zweite Jahreszeit hieß Peret und war die Zeit der Aussaat. Die dritte Jahreszeit hieß Schemu, „Hitze”, es war die Zeit der Ernte. Da am Ende dieser drei Jahreszeiten fünf Tage „fehlten“, wurden diese Tage angehängt und als Geburtstage der Götter Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys der kritischen Nachfrage entzogen.
Auch die Mayas und die Azteken hatten verschiedene Kalendersysteme nebeneinander. Der Kalender des Alltags hatte 18 Monate mit 20 Tagen, daneben existierte ein kultischer Mond-Kalender, der das in 20 Monate mit 13 Tagen unterteilte.
Um 605 verfügte Papst Sabinianus das Anbringen von Sonnenuhren an allen Kirchen. Im islamischen Einflussbereich setzten die im Koran vorgeschriebenen fünf Gebetszeiten eine Zeitbestimmung durch Sonnenuhren voraus. 
„Tag“ bezeichnete noch im europäischen Mittelalter die Wach-Zeit, also den „Licht-Tag“. Im Sommer war er länger als im Winter. Dass der Tag in 12 Stunden eingeteilt wurde, war eine willkürliche Konstruktion – eine „Temporalstunde“ im Sommer war nach heutigem Maß länger als eine Tagesstunde im Winter und eine Stunde in der Nacht entsprach nur bei der „Tagundnachtgleiche“ einer Tagesstunde.  „Tag“ war, wenn die Sonne schien. Die Nacht war die Zeit der Gefahr und des Schreckens, also eine unheilige Zeit, die Zeit des Teufels. Es gab für viele Tätigkeiten es eine „gute“ Zeit und eine „schlechte“ Zeit. Noch 1489 hat Johann Lautenschlager in Nürnberg einen besonderen Mechanismus für Temporalstunden in das Räderwerk der Uhr eingebaut – durch Versetzung der Gewichte konnte die Geschwindigkeit der Uhr eingestellt werden. Da die genaue Zeit  für die Menschen sehr ungewohnt war, nutzten sie noch über Jahrhunderte gern Zeitangaben nach Viertelstunden. Auch wenn die Mönche sehr wohl aus der Literatur die konstante „Äquinoktialstunde“ mit ihren 60 Minuten kannten und für astrologische Zwecke auch nutzten, hatten sie neben diesen „horae aequinoctiales“ für das gewöhnliche alltägliche Leben die flexiblen, naturnahen Temporalstunden.
Im Kalender waren die Feste eingetragen, aber auch die beste Zeit für den Aderlass. Die Einteilung in sieben Tage folgte dem Wissen der Babylonier über die damals bekannten beweglichen Himmelsobjekte Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn und hatte astrologisch-religiöse Folgen: Der Donnerstag war der Ruhe-, Fest-, Fron- und Fleisch-Tag. Freitag war der Hexentag. Den Stern-Gottheiten wurden an ihrem Tag Opfer gebracht.
Am Sonntag wurden dem Sonnengott Opfer gebracht - der Kaiser Konstantin führte ihn als heiligen Tag ein, die Sonntagsruhe sollte die Sonnengott-Feiern unmöglich machen. Noch heute gibt es „Sonntags-Kinder“. 

Die alte babylonische Einteilung des Tages in 12 Stunden und der Stunde in fünf Mal 12 Minuten hat eine lange Tradition - in einer Welt, die nach dem Dezimalsystem rechnet, erscheint sie willkürlich und unpraktisch. Die Französischen Revolutionäre haben versucht, diese tradierte Zeiteinteilung durch eine „vernünftige“ Dezimal-Einteilung zu ersetzen, die sich aber nicht durchsetzen konnte.
1923 hat Moses Cotsworth einen „Internationalen Ewigen Kalender“ entworfen anknüpfend an Auguste Comte (1849), nach dem der Monat 28 Tagen haben sollte, also immer mit dem Sonntag beginnen würde. 364 Tages des Jahres lassen sich so präzise in 13 Monate aufteilen, ein Tag muss am Ende zur Korrektur eingeführt werden. Der zusätzliche Monat sollte zwischen Juni und Juli liegen und Sol („Sonne“) bzw. Midi („Mitte“) heißen.
Der Uhrenhersteller
Swatch hat 1998 die „Internetzeit“ erfunden: Ein Tag sollte in 1000 Beats unterteilt werden. damit sollte die babylonische Willkür und auch die im Zeitalter der Globalisierung unpraktische Einteilung in Zeitzonen korrigiert werden. Ein solcher Beat würde einer Minute und 26,4 Sekunden entsprechen. Dem Zeitgeist entsprechend sollte Zeit mit einem @-Zeichen und der Ziffer notiert werden. An jedem Ort der Welt gilt danach dieselbe Zeitangabe.

Zukunft und Vergangenheit, Zeit als symbolisches Orientierungsmittel

Die menschliche Zeit-Wahrnehmung ist, wie Norbert Elias beschrieben hat, symbolisches Orientierungsmittel. Wie andere symbolische Zeichen dient es einer kulturellen „Ordnung der Dinge“, der Zeitvergleich stellt Beziehungen zwischen auseinander liegenden Ereignissen und verschiedenen Erfahrungsebenen her.
Die Geschichte des Zeit-Bewusstseins dokumentiert die Entwicklung der menschlichen Kultur als Prozess der Zurückdrängung natürlicher Orientierungen, gleichzeitig bekommen symbolischer Abstraktionen  zunehmende Bedeutung als Orientierungsmuster.
Da es bei der kulturellen Orientierung um Macht geht, werden Zeit-Definitionen von Spezialisten monopolisiert – von den Priestern, in der europäischen Neuzeit von den Physikern. Die perfektionierte Technik der Zeitbestimmung erlaubt es den Institutionen der Gesellschaft, minutengenau über die Zeit der Menschen zu verfügen. „Zeit ist Geld“, die Zeit „rast davon“ - die Zwangsmechanismen der zivilisierten Zeitkontrolle und der modernen mentalen Zeitmuster sind inzwischen so weit verinnerlicht, dass sie als innerlicher Zeit-Stress empfunden werden.

Die Zukunft mit ihren „mitunter virtuosen Als-ob-Konstruktionen“ (Albrecht Koschorke) ist das Feld von Sozialfiktionen. Diesen Sozialfiktionen liegen institutionell verfestigte kollektive Verabredungen zugrunde, den antiken  Orakeln wie den modernen Börsenspekulation. Das Ersparte auf dem Bankkonto verspricht ein sorgenfreies Leben, „Geld“ hat einen solchermaßen kollektiv verabredeten Wert. Auch die „Nation“ ist eine Sozialfiktion. Der Bezug auf „Zukunft“ tröstet über schwer erträgliche Zustände hinweg und sichert soziale Integration. Als Traumfabrik verspricht die Zukunft Linderung und Gerechtigkeit.  Koschorke: „Ohne solche fiktiven Operationsgrößen in Recht, Politik oder Wirtschaft könnten sich Menschen nicht vergemeinschaften; keine Gesellschaft könnte im Medium des positiv Gegebenen allein existieren.“  
Gerade die erfundenen, auf die Zukunft gerichteten Sozialfiktionen ermöglichen soziale Komplexität. In ihrem Zukunftsbezug schafft sich die Gesellschaften ein Bild über sich selbst, sei es utopisch oder apokalyptisch. „Verlöre der Glaube an Zukunft diese Kraft, müssten alle laufenden Rechnungen ohne einen optionalen und niemals genau zu beziffernden Faktor Z beglichen werden, wäre es um den Gefühlshaushalt und den Zusammenhalt einer Gesellschaft schlecht bestellt.“ (Koschorke)
Wobei eine graduelle Verschiebung zu beobachten ist: Spielte lange Jahrhunderte die Deutungsmacht über Vergangenheit eine entscheidende Rolle im Machtkampf um die Orientierung der Gegenwart, so setzt die Moderne mehr auf die als gestaltbar imaginierte Zukunft. „Zukunft ist das plastische Medium, durch das moderne Gesellschaften in Kontakt mit ihrem möglichen Anderssein treten“, formuliert Koschorke.

Zeitbestimmung der Physik

Isaac Newton hat 1687 in seinen „Mathematischen Prinzipien der Naturlehre“ die „absolute, wahre und mathematische Zeit“, die „vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand“ sei, zur Grundlage der Mechanik gemacht. Schon im 17. Jahrhundert zeigte Christoph Huygens, dass Sonnenuhren im Vergleich zu genauen mechanischen Uhren periodisch im Laufe des Jahres „falsch“ gehen  - bis zu 15 Minuten ist die Differenz. Ursache ist die unterschiedliche Bahngeschwindigkeit der Erde um die Sonne aufgrund der elliptischen Erdbahnform. Die Physik definierte daraufhin eine mittleren, gleichförmig denkbare Sonnenzeit.
Die Idee einer gleichförmigen Zeit galt – bis Albert Einstein 1905 seinen Aufsatz „Zur Elektrodynamik bewegter Körper” veröffentlichte.
Dass die gleichförmige Zeit eine mentale Konstruktion sein könnte, hatte am Ende des 19. Jahrhunderts Herbert George Wells in seinem Roman „The Time Machine“ (1895, dt. „Die Zeitmaschine“) formuliert. „Gibt es einen Würfel, der keinerlei zeitliche Dauer hat?“ fragte der Zeitreisende in Wells Roman, 30 Jahre vor Martin Heidegger.
Und dann erklärt Wells „Zeitreisender“, zehn Jahre vor Einsteins „Spezieller Relativitätsphilosophie“:
„Es ist klar, daß jeder tatsächlich vorhandene Körper sich in vier Dimensionen ausdehnen muß: in Länge, Breite, Höhe und – in Dauer. Aber infolge einer angeborenen Unvollkommenheit unserer menschlichen Natur sind wir, wie ich Ihnen sogleich darlegen werde, geneigt, diese Tatsache zu übersehen. Tatsächlich gibt es vier Dimensionen, von denen wir drei die Ebenen des Raumes nennen, und eine vierte, die Zeit. Es besteht aber die Tendenz, eine unbegründete Unterscheidung zwischen den erstgenannten drei Dimensionen und der letzteren zu machen, weil sich unser Bewußtsein – wenn auch mit Unterbrechungen – in dieser vierten Dimension in einer Richtung, vom Beginn bis zum Ende unseres Daseins, bewegt. (…) Es ist nur eine neue Betrachtungsweise der Zeit. Der einzige Unterschied zwischen der Zeit und irgendeiner der drei Dimensionen des Raumes besteht darin, dass unser Bewusstsein sich in ihr bewegt.“
Damit war die Idee geboren, dass die Zeit nicht nur auf einen Zahlenstrahl gebannt werden kann, sondern dass dieser Zahlenstrahl als „vierte Dimension“ der geometrischen Konstruktion der Wirklichkeit angegliedert werden kann.

Auch 100 Jahre danach ist aber die Vorstellung einer gleichförmigen Zeit für das Alltagsbewusstsein und das Zeitgefühl selbstverständlich geblieben.

 

    Lit.:
    Martin Burckhardt, Metamorphosen von Raum und Zeit. Eine Geschichte der Wahrnehmung  (1994)
    Norbert Elias,
    Über die Zeit. Arbeiten zur Wissenssoziologie (1984)
    Aaron J. Gurjewitsch,
    Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen (1996)
    Albrecht Koschorke, Wahrheit und Erfindung. Grundzüge einer Allgemeinen Erzähltheorie (2012)
            siehe
    M-G-Link
    Rudolf Wendorff, Zeit und Kultur. Geschichte des Zeitbewusstseins in Europa (1980)



    Link

    2) Max Frisch Zeit schreibt in seinem Tagebuch über die Zeit:
    „Sie wäre damit nur ein Zaubermittel, das unser Wesen auseinanderzieht und sichtbar macht, indem sie das Leben, das eine Allgegenwart alles Möglichen ist, in ein Nacheinander zerlegt; allein dadurch erscheint es als Verwandlung, und darum drängt es uns immer wieder zur Vermutung, daß die Zeit, das Nacheinander, nicht wesentlich ist, sondern scheinbar, ein Hilfsmittel unsrer Vorstellung, eine Abwicklung, die uns nacheinander zeigt, was eigentlich ein Ineinander ist, ein Zugleich, das wir allerdings als solches nicht wahrnehmen können, so wenig wie die Farben des Lichtes, wenn sein Strahl nicht gebrochen und zerlegt ist.“